Düsseldorfer Forderung zur Novellierung des Strassenverkehrsbaurechts 2023
Im Zuge der anstehenden Novellierung von StVG und StVO fordert die Konferenz zur Schönheit und Lebensfähigkeit der Stadt No.13 „Die Stadtstraße“ eine größtmögliche Freiheit für die Kommunen, Geschwindigkeiten aufgrund der lokalen Rahmenbedingungen auch als Grundlage für Infrastrukturausbau festsetzen zu können.
Für lebenswerte Stadtstraßen
Herrn Bundesminister Dr. Volker Wissing
Bundesministerium für Digitales und Verkehr
Frau Bundesministerin Klara Geywitz
Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen
Herrn Vorsitzenden des Verkehrsausschusses im Deutschen Bundestag Udo Schiefner
Frau Vorsitzende des Ausschusses für Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen Sandra Weeser
Die StVO bildet den relevanten, beschränkenden rechtlichen Rahmen, der die Gestaltung unserer Stadtstraßen durch Regelungen zu Geschwindigkeiten, Organisation des Parkens oder auch die unterschiedlichen Nutzungen des Straßenraums aus überwiegend verkehrlicher Sicht maßgeblich bestimmt. Alle diese Punkte sind in hohem Maße gestaltrelevant. Im Zuge der anstehenden Novellierung von StVG und StVO fordert die Konferenz zur Schönheit und Lebensfähigkeit der Stadt No.13 „Die Stadtstraße“ eine größtmögliche Freiheit für die Kommunen, Geschwindigkeiten aufgrund der lokalen Rahmenbedingungen auch als Grundlage für Infrastrukturausbau festsetzen zu können. Nur dadurch können die Konflikte unter den verschiedenen Verkehrsteilnehmenden minimiert, Sicherheit und Gesundheit erhöht und die Qualität der Stadtstraßen als Lebensraum für die Stadtgesellschaft gewährleistet werden. Die gewonnenen Spielräume werden dringend benötigt für die erforderliche Anpassung unserer Straßenräume an die Anforderungen von Verkehrswende und Klimawandel.
Geschwindigkeiten sind dabei ein erster wichtiger Schritt. Um dem Weg zu folgen, den andere europäische Länder schon erfolgreich gegangen, sind müssen darüber hinaus Themen wie Regelungen zu Parken oder zur Bußgeldhöhe zwingend überarbeitet werden. Jetzt ist die Zeit für eine Neudefinition.
Düsseldorf, 21.06.2023
Unterzeichner
Deutsches Institut für Stadtbaukunst
Bundesstiftung Baukultur
Mitglieder des Bau- und Verkehrsausschusses des Deutschen Städtetages
Architektenkammer Nordrhein-Westfalen
Baukultur NRW
TeilnehmerInnen der Konferenz zur Schönheit und Lebensfähigkeit der Stadt No.13 „Die Stadtstraße“, Düsseldorf 20./21.06.2023
Bund Deutscher Architektinnen und Architekten B D A
Bundesvereinigung der Straßenbau- und Verkehrsingenieure e.V. BSVI
Verband Deutscher Architekten- und Ingenieurvereine e.V.
Deutsche Akademie für Städtebau und Landesplanung e.V. DASL, Landesgruppe Nordrhein-Westfalen
Stuttgarter Konsens 2020
Unter dem Vorsitz von Prof. Dr. (Univ. Florenz) Elisabeth Merk, ehem. Präsidentin der DASL und Stadtbaurätin der Landeshauptstadt München, ist es seit der Unterzeichnung der Düsseldorfer Erklärung bei zwei Runden Tischen in Stuttgart gelungen, gemeinsam mit Vertretern u.a. der Bundesstiftung Baukultur, der Bundesarchitektenkammer, dem BDA Bayern, der DASL und des Deutschen Städtetages den „Stuttgarter Konsens“ zu erarbeiten, in dem die unterschiedlichen Vorschläge zur konkreten Änderung von BauGB, BauNVO und TA-Lärm zusammengeführt sind.
ZUR REFORM DES STÄDTEBAURECHTS
In der „Leipzig-Charta zur nachhaltigen europäischen Stadt“ haben sich die Bauminister Europas 2007 für eine Stärkung der Städte nach dem Leitbild der europäischen Stadt ausgesprochen.
Um soziale Segregation, politische Disruption, ökonomisches Downgrading sowie Einseitigkeit und Monotonie in der Stadtentwicklung zu vermeiden, empfiehlt die Leipzig-Charta Funktionen wie Wohnen, Arbeiten, Bildung, Handel, Kultur und Freizeit wieder stärker miteinander zu mischen. Dies wird durch die besondere bauliche Kompaktheit der europäischen Stadt er-reicht, die nicht nur soziale und funktionale Vielfalt, sondern auch den dringend erforderlichen Klimaschutz ermöglicht. Eine hohe urbane Dichte ist energieeffizienter, verringert den Landflächenverbrauch, minimiert den Verkehr und ist damit durch geringeren CO2-Ausstoß klimafreundlicher, erhöht die Effizienz des ÖPNV und befördert Fußläufigkeit und Fahrradmobilität („Stadt der kurzen Wege“). Eine hohe Bevölkerungsdichte ist die wirtschaftliche Voraussetzung bestmög-licher Versorgung für das alltägliche Leben. Gleich- zeitig betont die Leipzig-Charta die zunehmende Bedeutung baukultureller Aspekte in der Stadtplanung. Eine schöne Stadt mit einer hohen Gestaltqualität des öffentlichen Raums ist nicht Luxus, sondern Notwendigkeit und schafft wichtige Impulse für das Wachstum. Schöne Stadträume, gut gestaltete Straßen und Plätze sowie öffentliche Parks sind sowohl die Orte des demokratischen Austauschs, als auch integraler Bestandteil und notwendige Ergänzung dichter Stadtstrukturen im Sinne einer „doppelten Innenentwicklung“. Darüber hinaus entspricht es einer besonderen planerischen Verantwortung, einem gesunden Leben in unseren Städten mit sauberer Luft und Ruhe gerecht zu werden.
Bislang fehlt in vielen Stadtquartiersentwicklungen und -entwürfen die Umsetzung dieser Qualitäten, weshalb die Ziele der Leipzig-Charta nicht erreicht werden. Dies hat mehrere Ursachen. Eine entscheidende Ursache liegt in den Regelungen des Städtebaurechts, die noch nicht an die Ziele der Leipzig-Charta ange-passt wurden.
Das Baugesetzbuch (BauGB) und die Baunutzungs-verordnung (BauNVO) entsprechen nicht mehr den Zielen der Leipzig-Charta und den heute noch einmal verschärften Anforderungen an eine Stadt, die den Forderungen nach Ressourcenschonung und Klimaschutz, bezahlbarem Wohnraum und sozialem Zusammenhalt gerecht wird. Die Baunutzungsverordnung (BauNVO) in ihrer aktuellen Fassung mit ihren gebietsseparierenden Nutzungskatalogen und Dichteobergrenzen, sowie die Bestimmungen der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA-Lärm) arbeiten den Forderun-gen der Leipzig-Charta vielmehr entgegen, weil sie funktionale Mischung und urbane Dichte behindern.
Grundsätzlich gilt: Regeln sind notwendig! Rechtssicherheit und stützendes Rahmenrecht sind die Grundlage für eine qualitätvolle städtebauliche Entwicklung in unserem demokratischen Rechtsstaat. Zeitgemäßes integriertes Planen und Handeln erfordern jedoch Regeln, die den aktuellen Planungszielen auch tatsächlich entsprechen.
Um das Bewusstsein für gemeinsame Werte, Geschichte, Maßstäblichkeit und Schönheit der Stadt zu stärken, ist es daher an der Zeit, das in der Leipzig-Charta formulierte Leitbild der europäischen Stadt nun auch gesetzgeberisch zu unterstützen und umzusetzen.
SOZIALE UND FUNKTIONALE VIELFALT VERSUSBAUNUTZUNGSKATALOGE BAUNVO
Das vielfältige Stadtquartier muss prinzipiell die soziale und funktionale Vielfalt und Mischung gewährleisten. Im Sinne dieser Vielfalt eines Quartiers sind die Nutzungskataloge der Baugebietstypen der BauNVO deshalb grundsätzlich zu überarbeiten:
• Das „Kleinsiedlungsgebiet“ (§ 2 BauNVO) und das „Reine Wohngebiet“ (§ 3 BauNVO) sind überholt und sollten gestrichen werden.
ERLÄUTERUNG
Die Streichung des Kleinsiedlungsgebietes passt die Baunutzungsverordnung lediglich an die heutigen Lebensverhältnisse der Menschen an. Ein Bedürfnis für die Festsetzung von Kleinsiedlungsgebieten in Bebauungsplänen ist nicht mehr ersichtlich. Das reine Wohngebiet sollte als eigene Baugebietskategorie gestrichen werden, da es als Baugebiet mit ganz einseitiger Nutzungsstruktur dem der Leipzig Charta zugrunde liegenden Gedanken der Nutzungsvielfalt widerspricht. Die Streichung des Baugebietstyps des reinen Wohngebiets hat dann auch unmittelbare Konsequenzen für Anwendung des § 34 Abs. 2 BauGB.
Im „Allgemeinen Wohngebiet“ (§ 4 BauNVO) bedarf es einer stärkeren Öffnung des Nutzungskataloges für Gebäude mit wohnverträglichem Gewerbe. In § 4 (3) sollte ergänzt werden, dass auch Gebäude für die Berufsausübung freiberuflich Tätiger und solcher Gewerbetreibender, die ihren Beruf in ähnlicher Art ausüben, ausnahmsweise zulässig sind.
ERLÄUTERUNG
Nach § 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO sind in allgemeinen Wohngebieten bereits die der Versorgung des Gebiets dienenden Läden, Schank- und Speisewirtschaften so-wie nicht störende Handwerksbetriebe zulässig. Ausnahmsweise zulässig sind nach § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO sonstige nicht störende Gewerbebetriebe. Die Zulässigkeit freiberuflicher und ähnlicher Nutzungen bestimmt sich hingegen nur nach § 13 BauNVO. In allgemeinen Wohngebieten sind hierfür nur Räume zu-lässig. Nach dem Vorschlag wären in allgemeinen Wohngebieten zumindest ausnahmsweise auch Gebäude für diese Nutzungen zulässig. Gesetzgebungstechnisch könnte auch daran gedacht werden, die von § 13 BauNVO erfassten Nutzungen unmittelbar in die jeweiligen Nutzungskataloge der Baugebietsvorschriften aufzunehmen und § 13 BauNVO zu streichen.
In der Zweckbestimmung von „Kerngebieten“ (§ 7 BauNVO) bedarf es einer generellen Aufnahme von Wohnnutzung.
VORSCHLAG
§ 7 (1) Kerngebiete dienen der Unterbringung von Handelsbetrieben, zentralen Einrichtungen der Wirtschaft, der Verwaltung und der Kultur sowie ggf. auch dem Wohnen. (2) und (3) können unverändert bleiben.
ERLÄUTERUNG
Nach § 7 Abs. 2 Nr. 7 BauNVO sind sonstige Wohnungen nach Maßgabe von Festsetzungen des Bebauungsplans zulässig. Nach § 7 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO sind Wohnungen ausnahmsweise zulässig. Die Aufnahme von Wohnnutzungen in die Zweckbestimmung des Kerngebietes würde dazu führen, dass die Gemeinden freier darin sind, von § 7 Abs. 2 Nr. 7 BauNVO Gebrauch zu machen und sonstige Wohnungen im Kerngebiet zuzulassen. Gerade in mittelgroßen Städten besteht häufig ein Bedürfnis dafür, in den Innenstädten einerseits Kerngebiete festzusetzen und anderseits Wohnnutzungen oberhalb des Erdgeschosses zu ermöglichen. Dies ist nach der aktuellen Rechtslage nicht möglich, da das Wohnen nicht zur Zweckbestimmung des Kerngebietes gehört.
Die Gemeinden müssen nach dem Vorschlag in der Planung darüber entscheiden, inwieweit Wohnnutzungenmit den sonstigen Nutzungen in dem konkreten Kerngebietvereinbar sind. Die Abgrenzung zum urbanen Gebiet und zum Mischgebiet ergibt sich im Wesentlichenaus dem Bedürfnis nach der Zulässigkeit großflächiger Einzelhandelsnutzungen in innerstädtischenKerngebieten. Auch das besondere Wohngebiet hilfthier als Alternative nicht weiter, da auch nach § 4aBauNVO i.V.m. § 11 Abs. 3 BauNVO großflächige Einzelhandelsnutzungen in besonderen Wohngebietennicht zulässig sind.
Im „Gewerbe- und Industriegebiet“ (§§ 8, 9 BauNVO) muss die dem primären Gebietscharakter widersprechende Ansiedlung von Nutzungen wie Handel, Beherbergungsbetriebe usw. effektiver verhindert werden. Gewerbe- und Industriegebiete sollten ausschließlich nur Nutzungen zugeordnet werden, die tatsächlich grundlegend stadtunverträglich sind und nicht „Gewerbebetriebe aller Art“.
2. FUNKTIONALE VIELFALT VERSUS TA-LÄRM
Der Schutz vor Lärm in der funktional gemischten Stadt ist ausdrücklich zu gewährleisten. Um eine funktionale Mischung in der Stadt zu ermöglichen bedarf es jedoch einer Harmonisierung des Lärmschutzes im Immissionssschutzrecht (BImSchG). Ebenso wie zum Schutz vor Verkehrslärm sollte der Schutz vor Gewerbelärm durch passive Schallschutzmaßnahmen ermöglicht werden. Die technischen Möglichkeiten des aktiven und passiven Lärmschutzes müssen durch geänderte immissionsschutzrechtliche Vorgaben auch für gewerbliche Nutzungen und Freizeitlärm möglich gemacht werden, denn die Lebensfähigkeit und Nachhaltigkeit der europäischen Stadt wird erst durch die funktionale Mischung und Vielfalt ermöglicht. Mit der heutigen Wirtschaftsstruktur, in der industrielle und gewerbliche Betriebe mit erheblichem Produktionslärm die Ausnahme darstellen, und durch den technischen Fortschritt der vergangenen Jahrzehnte bei Schallschutzfenstern, ist das zweiteilige Lärmrecht überholt.
Die technischen Möglichkeiten des passiven Lärmschutzes sollen als „letztes Mittel“ zulässig sein.
Grundsätzlich gelten:
Abstand
Aktiver Lärmschutz – Passiver Lärmschutz
3. URBANE DICHTE VERSUS DICHTE-OBERGRENZEN DER BAUNVO
Die Anpassung des §17 BauNVO gem. Referentenent-wurfes BMI vom 12.11.2019 wird begrüßt. Die Aufnahme von „Orientierungswerten“ anstelle von „Ober-grenzen“ wird ausdrücklich unterstützt.
Im Hinblick auf eine kompakte Stadt- oder Quartiers-struktur und einen nachhaltigen Umgang mit der Ressource Boden sowie der Minimierung von Energieverbrauch und Verkehr wird jedoch die Überprüfung der GRZ- und GFZ-Werte in WA und MI empfohlen. Perspektivisch sollte eine Quartiersdichtenbetrachtung angestrebt werden.
Zugunsten einer höheren städtebaulichen Qualität der Außenfassaden mit robusten und dauerhaften Materialien und damit ökologisch sinnvoller und nachhaltiger Bauart bedarf es einer Ermächtigungsgrundlage in §20 BauNVO zur Festsetzung einer Nettogeschossfläche, bzw. Nettogeschossflächenzahl. Ziel ist es darüber eine Grundlage zu definieren, bei der die Flächenanteile der baulichen Außenhülle nicht auf die Ausnutzung eines Grundstücks angerechnet werden.
STUTTGART IM FEBRUAR 2020
Leitung
Prof. Dr. (Univ. Florenz) Elisabeth Merk, Präsidentin Deutsche Akademie für Städtebau und Landesplanung (DASL), Stadtbaurätin Landeshauptstadt München
Dr. Donato Acocella, Stadt-und Regionalentwicklung
Torsten Becker, ToBe Stadt, Frankfurt
Prof. Dr. Olaf Bischopink, TU Dortmund und Baumeister Rechtsanwälte, Münster
Barbara Ettinger-Brinkmann, Präsidentin Bundesarchitektenkammer
Andreas Feldtkeller, Leiter Stadtsanierungsamt a. D. Tübingen
Mattias Frinken, SRL Architekt und Stadtplaner
Mike Groschek, Minister a. D. für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung, Verkehr Nordrhein-Westfalen
Lydia Haack, 1. Vorsitzende BDA Bayern
Jens Happ, urban future forum und Architekt/Stadtplaner, Frankfurt
Andreas Hild, Hild und K Architekten BDA
Hartmut Hoferichter, Stadtdirektor Solingen und Beigeordneter, Bau und Verkehr Deutscher Städtetag
Annette Kulenkampff, Geschäftsführerin Deutsches Institut für Stadtbaukunst
Hilmar von Lojewski, Beigeordneter des deutschen Städtetages, Leiter des Dezernats Stadtentwicklung, Bauen, Verkehr
Prof. Christoph Mäckler, Direktor Deutsches Institut für Stadtbaukunst
Markus Müller, Präsident Architektenkammer Baden-Württemberg
Anne Luise Müller, Amtsleiterin des Planungsamtes Köln a. D.
Reiner Nagel, Vorsitzender Bundesstiftung Baukultur
Jürgen Odszuck, Erster Bürgermeister Heidelberg, Dezernat für Bauen und Wohnen
Birgit Roth, Wissenschaftliche Leiterin, Deutsches Institut für Stadtbaukunst
Wolfgang Schäfer, Vertretung für Verbandsdirektor des vdW Rheinland Westfalen
Prof. Dr. Wolfgang Sonne, Stellvertretender Direktor, Deutsches Institut für Stadtbaukunst
Jens Walko, Freier Architekt Stuttgart/ Vertretung für DAI
Prof. Jörn Walter, Oberbaudirektor a. D. Stadt Hamburg
Prof. Rolf-Egon Westerheide, BAK Stadtplanung
Dr.-Ing. Irene Wiese-von Ofen, Beigeordnete für Planung, Bau und Boden der StadtEssen a. D.
Martin Witten, BDB Bund
Prof. Dr. Reinhold Zemke, Mitglied im Vorstand der Architektenkammer Thüringen
Düsseldorfer Erklärung zum Städtebaurecht 2019
Um sozial und funktional vielfältige Stadtquartiere mit angemessener urbaner Dichte, zukunftsfähigen baulichen Strukturen, einer hohen Aufenthaltsqualität und guter Gestaltung entwickeln zu können, bedarf es Anpassungen im Bauordnungsrecht. Seit ihrer Vorstellung im Mai 2019 haben mehr als 200 Personen, unter ihnen Baubürgermeister, Planungsdezernenten und Planungsamtsleiter aus 86 Städten, Wissenschaftler, Vertreter von Verbänden und Institutionen die „Düsseldorfer Erklärung“ unterzeichnet. Sie fordern grundlegende Änderungen einiger Gesetze, wie beispielsweise der Baunutzungsverordnung BauNVO und der TA-Lärm.
nichts ist erledigt
In der „Leipzig-Charta zur nachhaltigen Europäischen Stadt“ haben sich die Bauminister Europas 2007 für eine Stärkung der Städte nach dem Leitbild der Europäischen Stadt ausgesprochen. Wie in den vielfältigen Quartieren der Europäischen Stadt ablesbar, gibt es fünf Voraussetzungen für einen gelungenen Städtebau:
• klare Trennung öffentlicher und privater Räume
• gute und dauerhafte Gestaltung von Häusern, Straßen- und Platzräumen
• funktionale Vielfalt
• soziale Vielfalt
• urbane Dichte
In den Stadtquartiersentwürfen unserer Zeit fehlen häufig diese fünf Voraussetzungen, wie sie in den Stadtquartieren der Europäischen Stadt zu finden sind und durch die sich die schöne und lebensfähige Stadt entwickelt. Dafür gibt es viele Gründe. Ein entscheidender Grund liegt in den gesetzlichen Bestimmungen zum Städtebau wie der Baunutzungsverordnung (BauNVO) mit ihren Nutzungskatalogen und Dichteobergrenzen, sowie in den Bestimmungen der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA-Lärm), die den Forderungen der Leipzig-Charta entgegenarbeiten, weil sie die funktionale Vielfalt behindern. Deshalb ist es an der Zeit, die Leipzig-Charta nun auch gesetzgeberisch zu unterstützen und umzusetzen. Nur so können diese fünf stadträumlichen und funktionalen Voraussetzungen für die Schönheit und Lebensfähigkeit der Stadt erfüllt werden, wie sie in der Leipzig- Charta gefordert und in den vergangenen zehn Jahren auf den Düsseldorfer Konferenzen des Deutschen Instituts für Stadtbaukunst erarbeitet wurden.
DIE KLARE TRENNUNG ÖFFENTLICHER UND PRIVATER RÄUME
DER ÖFFENTLICHE RAUM VON STRASSE UND PLATZ:
Der öffentliche Raum bildet das Rückgrat eines jeden Stadtquartiers der Europäischen Stadt. Platz- und Straßenräume repräsentieren nicht nur das Gemeinwesen der Städte in einer demokratischen Gesellschaft wie der Bundesrepublik Deutschland, sondern sie sind auch die Räume, in denen sozialer Austausch, Handel, Verkehr und Kommunikation stattfinden. Der öffentliche Raum ist damit der Sozialraum der Europäischen Stadt.
DER ÖFFENTLICHE GRÜNRAUM DER STADT:
Der städtische Park, die Straßenallee oder der Boulevard der Stadt sind öffentliche Grünräume, die nicht nur der Schönheit und der Erholung dienen, sondern darüber hinaus auch einen hohen ökologischen Wert für das Stadtklima haben.
DER PRIVATE BLOCKINNENRAUM:
Im Unterschied zu den öffentlichen Räumen steht der private Garten- und Hofraum, der im direkten Anschluss zu den Häusern der Stadt liegt und den Hausbewohnern damit als erweiterter Lebensraum mit Gärten, Kinderspielplätzen etc. zur Verfügung steht. Nur durch die klare bauliche Trennung vom öffentlichen Raum erhält der Hofbereich als privater Raum seine eigene funktionale Qualität, die einen hohen Stellenwert im Städtebau der europäischen Stadt hat.
DIE GUTE UND DAUERHAFTE GESTALTUNG VON HÄUSERN, STRASSEN- UND PLATZRÄUMEN
In der Europäischen Stadt sind Plätze und Straßen in der Regel von Häusern umgeben, die diese städtischen Erschließungsflächen zu städtebaulichen Räumen werden lassen. Die Schönheit dieser Stadträume wird dabei zunächst von der Proportion, also dem Verhältnis von Breite zu Höhe bestimmt. Darüber hinaus sind die Fassaden der Häuser, die sich den Straßen und Plätzen zuwenden, von prägender Bedeutung für den öffentlichen Raum, den sie mit ihrem Gegenüber bilden. Wie im Städtebau muss auch in der Architektur der Häuser zwischen „vorne“ und „hinten“, zwischen „öffentlich“ und „privat“ unterschieden werden. Der Entwurf der Stadt benötigt den bewussten Einsatz von Straßen- und Platzfassaden.
DIE FUNKTIONALE UND SOZIALE VIELFALT
Grundlegende Voraussetzung für einen gelungenen integrativen Städtebau ist die Ermöglichung funktionaler und sozialer Vielfalt. Diese sollte möglichst nicht nur quartiersweise, sondern auch auf der einzelnen Parzelle entwickelt werden. Hierfür bedarf es geeigneter städtischer Gebäudetypologien, wie sie im Städtebau der Europäischen Stadt mit ihren Wohn– und Gewerbehöfen zu finden ist.
DIE URBANE DICHTE
Das Stadtquartier der Europäischen Stadt verfügt über eine besondere bauliche Kompaktheit. Diese ist baulich energieeffizienter, verringert den Landflächenverbrauch, minimiert den Verkehr und ist damit durch geringeren CO2-Ausstoß klimafreundlich, erhöht die Effizienz des ÖPNV und befördert Fußläufigkeit und Fahrradmobilität (Stadt der kurzen Wege). Darüber hinaus ist eine hohe Bevölkerungsdichte die Voraussetzung für bestmögliche Versorgung.
Eine erhöhte städtebauliche Dichte entspricht auch unserer Verantwortung, den besonderen Anforderungen in Bezug auf Klimawandel und ein gesundes Leben in unseren Städten mit sauberer Luft und Ruhe gerecht zu werden. Diese Zielsetzungen sind unumstößlicher Bestandteil eines guten Städtebaus.
Um sozial und funktional vielfältige Stadtquartiere mit angemessener urbaner Dichte und schönen Stadträumen entwickeln zu können, bedarf es der grundlegenden Änderung einiger Gesetze, wie beispielsweise der Baunutzungsverordnung BauNVO und der TA-Lärm.
1. SOZIALE UND FUNKTIONALE VIELFALT VERSUS BAUNUTZUNGSKATALOGE BAUNVO
Das vielfältige Stadtquartier muss prinzipiell die soziale und funktionale Mischung gewährleisten. Im Sinne dieser Vielfalt eines Quartiers sind die Nutzungskataloge der Baugebietstypen der BauNVO deshalb grundsätzlich zu überarbeiten:
• Das „Kleinsiedlungsgebiet“ und das „Reine Wohngebiet“ sind überholt und sollten gestrichen werden.
• im „Allgemeinen Wohngebiet“ bedarf es einer stärkeren Öffnung des Nutzungskataloges für Gebäude mit wohnverträglichem Gewerbe und moderner wohnverträglicher Produktion für freie Berufe sowie für Sportstätten.
• In der Zweckbestimmung von „Kerngebieten“ bedarf es einer generellen Aufnahme von Wohnnutzung.
• Im „Gewerbe- und Industriegebiet“ (§ 8, § 9 BauNVO) muss die dem primären Gebietscharakter widersprechende Ansiedlung von Nutzungen wie Handel, Beherbergungsbetriebe usw. effektiver verhindert werden. Gewerbe- und Industriegebiete sollten ausschließlich nur Nutzungen zugeordnet werden, die tatsächlich grundlegend stadtunverträglich sind. Für die grundsätzlich notwendige funktionale Mischung im Stadtquartier muss es möglich werden, die gewerbliche Betätigung (z.B. moderne emissionsarme Produktionsweisen) zurück in die Stadt zu holen. Dies gilt neben Beherbergungsbetrieben gerade auch für Einzelhandelsbetriebe und solche Dienstleistungsbetriebe, die sinnvollerweise in der Nähe von Wohnnutzungen angesiedelt sein sollten. Die Nutzungs- wie auch die soziale Vielfalt sollte nicht nur auf das Quartier, sondern auch auf die einzelne Parzelle bezogen werden können. Geeignete städtische Haustypologien, die Wohnen in unterschiedlichen Preislagen und Kleingewerbe ermöglichen, finden sich bereits heute im Städtebau der Europäischen Stadt mit ihren Wohn- und Gewerbehöfen.
2. FUNKTIONALE VIELFALT VERSUS TA-LÄRM
Der Schutz vor Lärm in der funktional gemischten Stadt ist ausdrücklich zu gewährleisten. Die technischen Möglichkeiten des aktiven und passiven Lärmschutzes müssen durch geänderte immissionsschutzrechtliche Vorgaben auch für gewerbliche Nutzungen und Freizeitlärm möglich gemacht werden.
Grundsätzlich bedarf es der Zulässigkeit des passiven Lärmschutzes zum Schutz von Gewerbelärmemissionen, um die funktionale Mischung im Stadtquartier zu ermöglichen, denn die Lebensfähigkeit der Europäischen Stadt wird erst durch die funktionale Mischung und Vielfalt ermöglicht.
Deshalb ist die Überwindung des durch das Bundesimmissionsschutzgesetz (BlmSchG) mit seinen Verordnungen eines zweiteiligen Lärmrechts für Verkehr einerseits und Gewerbe andererseits unumgänglich, um die funktionale und auch die soziale Mischung im Stadtquartier wieder zu ermöglichen. Mit der heutigen Wirtschaftsstruktur, in der industrielle und gewerbliche Betriebe mit erheblichem Produktionslärm die Ausnahme darstellen, und durch den technischen Fortschritt der vergangenen Jahrzehnte bei Schallschutzfenstern, ist das zweiteilige Lärmrecht überholt.
3. URBANE DICHTE VERSUS DICHTE-OBERGRENZEN DER BAUNVO
Prinzipiell ist im vielfältigen Stadtquartier der Schutz vor zu engen Wohnhöfen, wie sie die Stadt der Industrialisierung hervorbrachte, zu gewährleisten. Die heutige Baunutzungsverordnung entspricht jedoch einem Städtebau, der auf überholten Planungsideen fußt und von einer grundsätzlichen Funktionstrennung der Stadt (hier Arbeiten/dort Wohnen) ausgeht. Im Sinne dieser Ideen war die Geschossflächenzahl (GFZ) mit ihren Obergrenzen wie auch die Grundflächenzahl (GRZ) in der in den sechziger Jahren entstandenen Baunutzungsverordnung nachvollziehbar, um eine mathematische Festlegung der zu planenden Baumassen regeln zu können. Dies ist aus damaliger Zeit verständlich; heute aber sind diese Obergrenzen (auch mit Ausnahme § 17.2 BauNVO) bei wachsenden Wohnflächenansprüchen für den Entwurf von Stadtquartieren absolut untauglich. Rein rechnerisch haben Anfang des 20. Jahrhunderts viermal mehr Menschen in den Gründerzeitquartieren gewohnt als heute, was die Unzeitgemäßheit dieser Regeln einmal mehr verdeutlicht.
Obwohl stadträumlich ohne jede Aussagekraft, sind die mathematischen Verhältniszahlen der GFZ und ihre Obergrenzen in der BauNVO bis heute grundlegender Bestandteil eines jeden rechtskräftigen Bebauungsplans. Mit der Einführung des „urbanen Gebietes“ ist die Dichte-Obergrenze mit einer GRZ von 0,8 und einer GFZ von 3,0 für dieses Quartier zwar angehoben worden, für alle anderen derzeit in Planung befindlichen Baugebiete aber bestehen noch immer die Obergrenzen des § 17 BauNVO (Allgemeine Wohngebiete GFZ 1,2). Dies steht den Anforderungen des gemischten vielfältigen Stadtquartiers der Europäischen Stadt diametral entgegen. Die Dichteobergrenzen im § 17 BauNVO der Baunutzungsverordnung müssen daher prinzipiell entfallen.
4. ZUSAMMENFASSUNG
Es bedarf einer grundlegenden Novellierung der Baunutzungsverordnung BauNVO mit ihren Dichteobergrenzen und Nutzungskatalogen sowie des zweiteiligen Lärmrechtes der TA-Lärm, damit in Zukunft schöne und lebensfähige Stadtquartiere, wie sie die Leipzig-Charta fordert, planbar werden und nicht an überholten planungsrechtlichen Restriktionen scheitern. DÜSSELDORF IM MAI 2019 Prof. Christoph Mäckler Deutsches Institut für Stadtbaukunst Reiner Nagel Vorstandsvorsitzender der Bundesstiftung Baukultur Prof. Dr. Wolfgang Sonne Deutsches Institut für Stadtbaukunst Prof. Jörn Walter Oberbaudirektor a. D. Freie und Hansestadt Hamburg Prof. Peter Zlonicky Stadtplaner und Professor em. TU Dortmund und TU Hamburg-Harburg Unterzeichner (Stand Juni 2022) sind u. a. 102 Bürgermeister, Planungsdezernenten und Planungsamtsleiter aus 85 Städten, 42 Professoren und Wissenschaftler.
DÜSSELDORF IM MAI 2019
Prof. Christoph Mäckler, Deutsches Institut für Stadtbaukunst
Reiner Nagel, Vorstandsvorsitzender der Bundesstiftung Baukultur
Prof. Dr. Wolfgang Sonne, Deutsches Institut für Stadtbaukunst
Prof. Jörn Walter, Oberbaudirektor a. D. Freie und Hansestadt Hamburg
Prof. Peter Zlonicky, Stadtplaner und Professor em. TU Dortmund und TU Hamburg-Harburg
Unterzeichner (Stand Juni 2022) sind u. a. 102 Bürgermeister, Planungsdezernenten und Planungsamtsleiter aus 85 Städten, 42 Professoren und Wissenschaftler
Kölner Erklärung zur Städtebauausbildung 2014
Um lebenswerte Stadträume, wie sie die europäischen Städte seit Jahrhunderten auszeichnen, auch zukünftig planen zu können, müssen die Studiengänge zu Architektur, Stadtplanung, Raumplanung sowie des Verkehrswesens in Zukunft wieder zusammen gedacht werden. Nicht einzelne Teildisziplinen, sondern umfassender Städtebau muss an den Hochschulen gelehrt werden: Die Stadt zuerst!
Die Stadt zuerst
Wenn in Deutschland Stadt gebaut wird, planen die Hauptverantwortlichen zumeist aneinander vorbei:
Architekten planen solitäre Einzelbauten statt den Stadtraum zu ergänzen, in den sie sich einzufügen haben.
Stadtplaner planen die Organisation von Prozessen, statt Stadträume zu entwerfen.
Verkehrsplaner planen Verkehrs-Trassen, statt Stadtstraßen zu entwerfen.
NIEMAND ALSO PLANT DEN KONKRETEN STADTRAUM: DIE STADT KOMMT ZULETZT.
Tagtäglich entstehen in unseren Städten:
Ungestaltete Stadträume,
Häuser ohne Adresse und ohne anschauliche Straßenfassade,
Resträume, die weder privat noch öffentlich sind,
Abstellplätze für Müllcontainer an der Straßenecke,
Autoschneisen in der Innenstadt,
Supermärkte im Gewerbegebiet statt im Wohnviertel
LEBENSWERTE STADTRÄUME ABER ENTSTEHEN SO NICHT.
DEUTSCHLAND WAR NOCH NIE SO WOHLHABEND, SEINE STADTRÄUME ABER NOCH NIE SO ARMSELIG. DIE PLANUNGSSYSTEME WAREN NOCH NIE SO AUSGEFEILT, DIE BÜRGER ABER ERHIELTEN NOCH NIE SO WENIG STÄDTEBAULICHE QUALITÄT.
Der heute üblichen Aufsplitterung der Planungsprozesse in zweidimensionale Funktionspläne, isolierte Fachplanungen und eine auf sich bezogene Architektur entspricht die Trennung der Fachgebiete in der Ausbildung: Im Zuge der Aufspaltung der Disziplinen hat sich das städtebauliche Wissen auf die unterschiedlichsten Fächer verteilt und wird heute an den Hochschulen nicht mehr in der nötigen integrierenden Weise gelehrt. Auf Seiten der kommunalen Verwaltung aber besteht ein dringender Bedarf an städtebaulich befähigtem Personal, der momentan nicht erfüllt wird! Städtebau muss wieder in einer angemessen umfassenden Weise in den entsprechenden Ausbildungsgängen an den Hochschulen in Deutschland gelehrt werden. Übergreifendes Ziel der Städtebau-Ausbildung ist die Gestaltung des Stadtraums:
ALLE ANFORDERUNGEN DER PRAXIS UND ALLE DISZIPLINEN MÜSSEN IM HINBLICK AUF DEN GUTEN STADTRAUM ZUSAMMEN GEDACHT WERDEN.
Um lebenswerte Stadträume, wie sie die europäischen Städte seit Jahrhunderten auszeichnen, auch zukünftig planen zu können, müssen die Studiengänge zu Architektur, Stadtplanung, Raumplanung sowie des Verkehrswesens in Zukunft wieder die folgenden Kernkompetenzen vermitteln:
1.Städtebaulich gestalten
Das „Einmaleins des Städtebaus“ bildet den Sockel der Ausbildung. Es umfasst städtebauliches Gestalten vom gesamtstädtischen Maßstab bis zum konkreten Stadtraum aus Straße, Platz, Block und Haus. Es beachtet die Trennung und Beziehung von Öffentlichkeit und Privatheit als eine Grundbedingung des Städtischen. Es vermittelt urbane Straßen-, Platz und Parktypologien ebenso wie städtische Haus- und Fassadentypologien.
2. Architektur
Städtebau erfordert architektonisches Grundwissen: Notwendig ist eine Gebäudelehre mit einer Ausrichtung auf städtische Gebäudetypologien und einem Schwerpunkt auf urbanen Wohnhaustypologien sowie praktischem Nutzungswissen. Architektur ist Teil des urbanen Kontextes mit seinen vielfältigen und langfristigen Anforderungen – und nicht die Folge fantastischer subjektiver Einfälle.
3. Städtebaugeschichte
Städtebau gründet auf historischem Wissen, denn keine menschliche Kulturleistung ist so langlebig wie die Stadt. Relevant ist dabei die gesamte Städtebaugeschichte: Sie bietet vielfältiges Erfahrungswissen über unterschiedlichste Stadtformen. Gerade der langfristige Erfolg und die Alltagstauglichkeit bestehender städtebaulicher Konfigurationen prädestiniert diese für den zukünftigen Städtebau. KÖLNER ERKLÄRUNG ZUR STÄDTEBAUAUSBILDUNG DIE STADT ZUERST!
4. Lebendige Stadt
Städtebau benötigt den Austausch mit Gesellschafts-, Wirtschafts-, Politik- und Umweltwissenschaften, die für das Verständnis des Städtischen unerlässlich sind und die in direktem Bezug zur städtebaulichen Gestalt stehen. Denn die Stadtgestalt ist nicht autonom und lässt sich nicht unabhängig von diesen Aspekten der Stadt denken.
5. Verkehr
Städtebau braucht Kenntnisse der Verkehrsplanung, des Bauingenieurwesens und der Mobilitätskultur. Auch die verkehrstechnischen Anforderungen müssen in die Ansprüche an eine gute städtebauliche Gestalt eingebunden werden, denn die Bewegungsräume der Stadt – ihre Gassen, Straßen und Boulevards – tragen wesentlich zur Qualität und Atmosphäre der Stadt bei.
FAZIT
Nur wenn die Akteure der Stadtentwicklung auch über das erforderliche städtebauliche Wissen verfügen, können wir hoffen, dass die städtebauliche Qualität der Städte in Deutschland gesichert und weiterentwickelt wird. Nicht einzelne Teildisziplinen, sondern umfassender Städtebau muss an den Hochschulen gelehrt werden.
Köln im Mai 2014
Dipl.-Ing. Franz-Josef Höing, Baudezernent Stadt Köln
Prof. Christoph Mäckler, TU Dortmund
Prof. Markus Neppl, KIT/Universität Karlsruhe
Prof. Dr. Franz Pesch, Universität Stuttgart
Prof. Dr. Wolfgang Sonne, TU Dortmund
Prof. Ingemar Vollenweider, TU Kaiserslautern
Prof. Kunibert Wachten, RWTH Aachen
Prof. Jörn Walter, Oberbaudirektor Freie und Hansestadt Hamburg
Prof. em. Peter Zlonicky, TU Dortmund