Was haben Wohnformen mit Demokratie zu tun?

SIE HABEN DAS DEUTSCHE INSTITUT FÜR STADTBAUKUNST GEGRÜNDET, DAS SICH FÜR EINE NACHHALTIGERE UND SCHÖNERE STADTPLANUNG EINSETZT. WARUM?

Schauen Sie sich doch einfach einmal um. Viele Wohngebiete sind aseptisch, um nicht zu sagen hässlich. Häufig liegt es an den Investoren, die sparen möchten und die nicht verstehen, dass sie auch mit Qualität Geld verdienen können. Häufig liegt es aber auch an der mangelhaften Ausbildung von Stadtplanern. An vielen Hochschulen wird ihnen hauptsächlich Verwaltungshandwerk wie Prozesssteuerung beigebracht. Sie lernen, wie man Beteiligungsprozesse durchführt, aber nicht, wie Wohnungsbau funktioniert und wie man städtische Räume so planen kann, dass sich die Menschen darin wohlfühlen. Seit 1968 galt Gestaltung in vielen Städten und Hochschulen als des Teufels und als Etwas für die oberen Zehntausend.

Eigentlich haben wir bereits seit dem Ersten Weltkrieg aufgehört, städtische Straßen und Plätze zu bauen, sondern nur Siedlungsbau betrieben. Die Baunutzungsverordnung, die in den 1960er-Jahren in Gang gesetzt wurde, hat dafür gesorgt, dass Sie nicht mehr dicht bauen können. Das ist nicht nur ökologischer Unsinn, weil sie mehr Flächen versiegeln müssen. Ohne Dichte gibt es keine Restaurants oder Läden, weil es keine Menschen gibt, die dort kaufen oder essen könnten. Wir brauchen Städte, in denen nicht nur gewohnt, sondern in denen auch gearbeitet und gelebt wird. Es ist einfach ein Erfahrungswert, dass wir in dichten Städten wie in Paris lieber leben.

IHR THEMA IST STADTRAUM UND DEMOKRATIE. WAS HABEN DIE BEIDEN DINGE MITEINANDER ZU TUN?

Sie können mit Städtebau natürlich keine Demokratie schaffen. Es gibt aber Wohnformen, die demokratiefördernd sind. In Städten mit Gebäuden aus dem 19., 18. oder auch des 17. Jahrhunderts finden Sie beispielsweise Hofbebauungen. Die Mieter haben damit zusätzlich zur Wohnung eine Freifläche, die sie sich mit der Hausgemeinschaft teilen. Sie müssen sich also mit ihren Nachbarn einigen, wie sie den geschützten Hof- oder Gartenraum nutzen. Das ist nichts anderes als ein demokratisches Handeln. Im Wohnungsbau gibt es kaum noch solche geschützten Bereiche. Im Institut arbeiten wir deshalb auch an Haustypen, mit denen man eine solche Gartenhofbebauung umsetzen kann.

DIE UMSETZUNG DÜRFTE ABER TEUER SEIN UND NOCH MEHR FLÄCHEN FRESSEN

Ganz im Gegenteil. Wir forschen im Moment an unterschiedlichen Bautypen wie Eckhäusern und Flügelhäusern. Früher hatten viele Häuser nach hinten hinaus Flügel, d.h. sie waren in die Tiefe des Grundstücks hineingebaut und hatten daher wenig Straßenfläche. Wir haben für ein Wohngebiet in Hannover diese Bautypen auf der Grundlage des geförderten Wohnungsbaus versuchsweise darübergelegt und waren selbst überrascht. Wir hatten fast 50 Prozent weniger Erschließungsflächen. Das bedeutet, dass Sie weniger Flächen versiegeln müssen und niedrigere Erschließungskosten bei wesentlich höherer Wohnfläche erhalten. Gleichzeitig haben Sie die Hofräume und große unbebaute Flächen, die Sie z. B. in Parks umwandeln können.

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Podiumsdiskussion KON14: Wer baut die Städte der Zukunft?

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Interview Deutschlandfunk mit Christoph Mäckler