Kein schöner Platz in dieser Stadt

FAZ Artikel, 20. April 2023

Auch neu gestaltete Plätze rufen in Frankfurt oft heftige Kritik hervor. nach Ansicht des Architekten Christoph Mäckler sind sie misslungen, weil grundlegende Prinzipien nicht beachtet wurden. Mit seinem „Handbuch der Stadtbaukunst“ will er Anregungen geben für bessere öffentliche Räume.

Peter Cachola Schmal ist ratlos. auf die Frage von F.a.Z.-Redakteur Matthias Alexander, wo in Frankfurt in den vergangenen 20 Jahren ein schöner Platz entstanden sei, weiß der Direktor des Deutschen Architekturmuseums keine Antwort. Den Berliner Architekten Martin Rein-Cano wundert das nicht: „es gibt in ganz Deutschland keinen Stadtraum in Neubauvierteln, der gestalterisch gelungen ist“, sagt er und fügt selbstkritisch hinzu: „Das haben wir nicht auf die Reihe bekommen.“

Der Satz fällt am Dienstagabend auf einer Veranstaltung, in der es eigentlich darum gehen soll, was eine gute gestal-tung des öffentlichen Raums ausmacht. Der Frankfurter Architekt Christoph Mäckler stellt das von ihm herausgegebe-ne „Handbuch der Stadtbaukunst“ vor. Das vierbändige Werk soll Planern zei-gen, wie Höfe, Straßen und Plätze so gestaltet werden können, dass man sich dort gerne aufhält. „Wir müssen die Struktur der europäischen Stadt verste-hen“, sagt Mäckler. Dafür hat er mit Stu-denten und Mitarbeitern viele aus seiner Sicht gelungene Beispiele aus zahlrei-chen deutschen Städten zusammengetragen. eines davon ist der kreisrunde Gärtnerplatz in München. Hier stimme nicht nur die angrenzende Bebauung („auch die Fassaden sind gerundet“), zu der unter anderem ein theater gehört, son-dern auch die gestaltung im Detail. „Hier steht jeder Baum und jede laterne an der richtigen Stelle.“

Dieses lob wird Elisabeth Merk gefreut haben. Die architektin, Stadtbaurätin in München, ist eigens nach Frank-furt gereist, um das Werk ihres Kollegen Mäckler zu würdigen. Sie betont, dass es im öffentlichen raum nicht nur um Gestaltungsfragen gehe. „gut gelungen ist ein Platz, zu dem alle Zugang haben. Das geht nicht mit Kulissenschieberei. Wichtig ist der menschliche Maßstab.“ als Kulisse oder rein stilorientierte Planung will Mäckler seine gestaltungsprin-zipien nicht missverstanden wissen. aber er sagt auch: „es muss möglich sein, sich einfach nur auf einen Platz zu setzen und dessen Schönheit zu genießen.“

Merk stellt diesem Satz die Forderung nach einer „Ästhetik des gebrauchs“ zur Seite. Wenn ein Platz nicht nur schön, sondern auch funktional sei, dann sei die Gestaltung auch sozial. Dazu trage eben-so eine öffentliche nutzung in den umlie-genden gebäuden bei. Mäckler stimmt zu und spricht sich dafür aus, Schulen nicht am Rand von Neubaugebieten zu bauen, sondern an einem zentralen Platz. gleichzeitig sei eine gewisse Dichte der Bebauung nötig, damit lebendigkeit entstehe. Merk warnt aber auch: „Gestaltung kann nicht andere gesellschaftliche Defizite kompensieren.“

Schmal weist auf den Strukturwandel der innenstädte hin. „Was wird aus unseren Städten, wenn wir dort nicht mehr einkaufen?“, fragt er. auf diese Entwicklung dürfe man nicht nur mit Gestaltung reagieren. „ein Platz kann noch so schön sein. Wenn die nutzung dahinter nicht stimmt, funktioniert er nicht.“

In Mäcklers Handbuch geht es um vie-le weitere gestaltungsprinzipien. Bei der Vorstellung greift er das thema Höfe heraus. Mit der Blockrandbebauung sei ende des 19. Jahrhunderts die trennung von privaten innenhöfen und öffentlichem raum vorbildlich gelungen, sagt er. „Die Hofform ist eine soziale errungenschaft, die man erfinden müsste, wenn es sie nicht schon gäbe.“ Doch werde sie heute nicht mehr geschätzt. Mäckler führt als Beispiel Neubauquartiere auf dem Riedberg an.

Dort seien einzelne Häuser nebeneinander wie „Brocken“ in die Landschaft gestellt worden. es entstehe weder ein qualitativ hochwertiger privater noch ein gut gestalteter öffentlicher Raum.

Dass dieser in den Städten zuneh-mend verwahrlost, beklagt Rein-Cano und fordert: „Wir müssen mehr Geld für die Pflege des öffentlichen raums aufwenden.“ Plätze müssten in die Zustän-digkeit der städtischen Kulturverwaltung überführt und „kultiviert werden wie ein theater oder eine Oper“. Mäckler meint dazu: „es kann nicht sein, dass wir es als reiche Gesellschaft nicht hinkriegen, den öffentlichen Raum so zu gestalten, dass die Menschen sich wohlfühlen.“

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